Offen­ba­rung 1,3

“Selig ist, der da liest und die da hören die Wor­te der Weis­sa­gung und behal­ten; was dar­in geschrie­ben ist; denn die Zeit ist nahe.” (LUTH 1984)

In der Offen­ba­rung fin­den wir ver­schie­de­ne Aus­sa­gen, die als Selig­prei­sun­gen zu ver­ste­hen sind und die uns auch heu­te noch eine tie­fe Ein­sicht in das Leben mit Gott ermög­li­chen. In Offen­ba­rung 1,3 heißt es, dass die­je­ni­gen selig sind, die die Wor­te der Weis­sa­gung lesen, hören und bewah­ren, weil die Zeit nahe ist. Die­ses Ver­spre­chen rich­tet sich an Men­schen, die sich aktiv mit dem Wort Got­tes aus­ein­an­der­set­zen, die auf­merk­sam zuhö­ren und das Gehör­te nicht nur zur Kennt­nis neh­men, son­dern auch im All­tag umset­zen. Die Zeit, von der hier gespro­chen wird, mahnt uns zur Wach­sam­keit und zur Bereit­schaft, unser Leben in Über­ein­stim­mung mit Got­tes Wil­len zu leben.

Wei­ter­hin spre­chen die sie­ben Selig­prei­sun­gen der Offen­ba­rung von Per­so­nen, die in beson­de­rer Wei­se in Bezie­hung zu Chris­tus ste­hen. Dazu gehö­ren die­je­ni­gen, die in dem Herrn ster­ben, also ihr irdi­sches Leben in sei­nem Ver­trau­en und sei­ner Treue abschlie­ßen, was ihnen ewi­ges Leben sichert. Die­se Ver­bin­dung zeigt uns, wie wich­tig die geist­li­che Aus­rich­tung auf den erhöh­ten Herrn ist, nicht nur im Leben, son­dern gera­de auch im Ster­ben. Eben­so heißt es, dass die, wel­che wachen, selig sind. Die­ses Wach­sein meint eine inne­re Auf­merk­sam­keit und eine kla­re Hal­tung gegen die Ver­su­chun­gen und Ablen­kun­gen der Welt. Wer wach ist, ver­liert den Blick auf das Wesent­li­che nicht und ist bereit, das zu tun, was Gott von ihm ver­langt.

Beson­ders stark wird die Ein­la­dung an die genannt, die zum Abend­mahl des Lam­mes beru­fen sind. Die­ses Bild ist nicht nur ein geist­li­ches Zei­chen der Gemein­schaft mit Jesus, son­dern auch eine Zusa­ge, Teil­ha­ber an sei­nem Sieg und sei­ner Herr­lich­keit zu sein. In die­sem Zusam­men­hang ist die ers­te Auf­er­ste­hung zu erwäh­nen. Sie steht für die Herr­schaft der Gläu­bi­gen in der neu­en Welt und für das Geschenk eines Lebens, das über den Tod hin­aus­ge­führt wird. Das gemein­sa­me Tei­len an die­sem Erleb­nis ist eine gro­ße Hoff­nung für jeden, der fest an Jesus glaubt und sein Leben ihm anver­traut.

Ein wei­te­rer wich­ti­ger Punkt ist das Hal­ten des Wor­tes und der Gebo­te Got­tes, das in der Offen­ba­rung aus­drück­lich als Selig­prei­sung genannt wird. Dies bedeu­tet, dass der Glau­be nicht nur aus Lip­pen­be­kennt­nis­sen besteht, son­dern sich in kon­kre­tem Han­deln zeigt, das Got­tes Wil­len ent­spricht. Wer sein Leben nach Got­tes Wort aus­rich­tet, wird dadurch geseg­net und erhält die Kraft, auch schwie­ri­ge Zei­ten zu bestehen. Schließ­lich wer­den die­je­ni­gen geseg­net, die ihre Klei­der waschen und so teil­ha­ben dür­fen am Baum des Lebens. Das Waschen der Klei­der steht sym­bo­lisch für die Rei­ni­gung vom Bösen, für das neue Leben in Rein­heit und Hei­lig­keit. Es ist die Vor­aus­set­zung dafür, Zugang zur neu­en Stadt zu erhal­ten, in der Gemein­schaft mit Gott ewig erfah­ren wird.

Die­se Aus­sa­gen laden uns ein, das Leben mit Jesus bewusst zu gestal­ten. Sie ermu­ti­gen uns, das Wort Got­tes ernst zu neh­men, unser Herz zu rei­ni­gen und die Gemein­schaft mit dem Herrn zu suchen. Wer in die­ser Wei­se lebt, wird nicht nur gegen­wär­tig geseg­net, son­dern erhält auch die fes­te Hoff­nung auf ein Leben, das über die­se Welt hin­aus­strahlt. Das Lesen der Offen­ba­rung und das Ver­in­ner­li­chen ihrer Bot­schaf­ten for­dert uns dazu her­aus, nicht pas­siv zu blei­ben, son­dern aktiv die Bezie­hung zu Gott zu pfle­gen und sei­ne Ver­hei­ßun­gen im All­tag ernst zu neh­men. Wer sich auf die­sen Weg macht, erfährt eine tie­fe Freu­de und eine nicht zu erschüt­tern­de Sicher­heit, weil die Ver­hei­ßun­gen Got­tes unver­brüch­lich sind und die Zeit sei­ner Erfül­lung nahe ist. So bie­tet uns die Offen­ba­rung nicht nur eine pro­phe­ti­sche War­nung, son­dern auch eine gro­ße Ein­la­dung zur Teil­nah­me an Got­tes herr­li­chem Plan.

“Selig ist, der da liest”, heißt es in der Offen­ba­rung, und die­ser Satz trägt eine tie­fe Bedeu­tung für unser heu­ti­ges Leben, gera­de in einer Zeit, die von einer Viel­zahl an Infor­ma­tio­nen und oft auch Ober­fläch­lich­keit geprägt ist. Es ist nicht nur hilf­reich, son­dern uner­läss­lich, dass wir uns mit dem Buch der Offen­ba­rung aus­ein­an­der­set­zen, ja mit der gan­zen Hei­li­gen Schrift in ihrem Zusam­men­hang. Dass wir bei die­sem auch manch­mal dun­kel und schwer ver­ständ­lich wir­ken­den Buch nicht resi­gnie­ren oder es bei­sei­te­le­gen, son­dern mutig und beharr­lich lesen und dar­über nach­den­ken. Gera­de in einer Welt, die sich durch stän­di­ge Ablen­kung und Schnell­le­big­keit aus­zeich­net, kann das Wort Got­tes uns den Weg erhel­len und Sicher­heit schen­ken, auch wenn uns Her­aus­for­de­run­gen und Fra­gen begeg­nen, die auf den ers­ten Blick kaum zu lösen sind.

Das gro­ße Pro­blem unse­rer Zeit ist, dass die Schrift oft nur noch frag­men­ta­risch wahr­ge­nom­men wird. Vie­le Men­schen lesen sie nicht mit der not­wen­di­gen Tie­fe und Aus­dau­er, son­dern grei­fen sich Stel­len her­aus, die ihnen gefal­len oder die in aktu­el­len Dis­kus­sio­nen gera­de ange­spro­chen wer­den. Die­se Her­an­ge­hens­wei­se führt jedoch leicht dazu, dass die Zusam­men­hän­ge und das Gesamt­bild ver­lo­ren gehen. Das Wort Got­tes ist jedoch ein gro­ßes Buch, des­sen Bot­schaft wir in gan­zen Tei­len ver­ste­hen müs­sen, um ein fes­tes Fun­da­ment für unse­ren Glau­ben zu erhal­ten. Das eigent­li­che Lesen, von dem hier gespro­chen wird, umfasst aber nicht nur das stil­le eige­ne Stu­die­ren. Es meint auch das Vor­le­sen und das Aus­le­gen des Wor­tes Got­tes mit­ten in der Gemein­schaft der Gläu­bi­gen.

In vie­len Gemein­den heu­te wird das regel­mä­ßi­ge, gründ­li­che Vor­le­sen und Erklä­ren der Schrift lei­der ver­nach­läs­sigt. Die Wert­schät­zung für die­ses all­täg­li­che Mit­ein­an­der am Wort Got­tes schwin­det und wird oft durch einen schnel­len, ober­fläch­li­chen Zugang ersetzt. Das hat zur Fol­ge, dass vie­le Men­schen nicht mehr erfah­ren, wie leben­dig und anspre­chend das Wort Got­tes sein kann, wenn es gut erklärt und mit Leben gefüllt wird. Die Stel­le erin­nert uns jedoch dar­an, dass die, die das Wort lesen und hören, selig sind. Die­se Selig­keit besteht dar­in, dass in der Mit­te die­ser Gemein­schaft der Herr gegen­wär­tig ist. Er ist nicht nur ein fer­nes Wesen aus alten Zei­ten, son­dern spricht heu­te noch zu uns durch sein Wort.

Wenn wir also in der Gemein­de zusam­men­kom­men und das Wort Got­tes hören, dann ist es Chris­tus selbst, der zu uns spricht. Die­se Gegen­wart gibt Zuver­sicht und tie­fe Gebor­gen­heit. Es for­dert uns aber auch her­aus, auf­merk­sam zu sein und den Wor­ten, die da gespro­chen wer­den, zu ver­trau­en und sie im All­tag umzu­set­zen. Das Hören ist kei­ne pas­si­ve Hand­lung, son­dern ein akti­ves, inner­li­ches Mit­ge­hen, das den Glau­ben stärkt und uns befä­higt, im Leben nach Got­tes Wil­len zu han­deln. Das geleb­te Zuhö­ren in der Gemein­de bewahrt uns davor, im Glau­ben wan­kel­mü­tig zu wer­den und erleich­tert es, den eige­nen Weg auch unter schwie­ri­gen Umstän­den stand­haft zu gehen.

Die­se Ein­heit von Lesen, Hören und Bewah­ren ist ein unschätz­ba­res Geschenk. Sie macht den Glau­ben leben­dig und trägt Früch­te, die wir in unse­rem All­tag deut­lich spü­ren kön­nen. Wer sich dar­auf ein­lässt, wird all­mäh­lich siche­rer im Umgang mit den Aus­sa­gen der Hei­li­gen Schrift und kann eine tie­fe Gewiss­heit ent­wi­ckeln, die ihn durch eine unüber­sicht­li­che Welt trägt. Dabei ent­ste­hen kei­ne ein­fa­chen Rezep­te für ein sor­gen­frei­es Leben, aber eine geer­de­te Kraft und Klar­heit, die uns befä­higt, unse­re Ent­schei­dun­gen im Licht des Glau­bens zu tref­fen und Her­aus­for­de­run­gen mit Mut und Ver­trau­en zu begeg­nen. Die Ein­la­dung ist klar und dring­lich:

Wir sol­len das Wort Got­tes nicht nur lesen, son­dern es auch hören und bewah­ren, damit es uns wirk­lich prägt.

In die­ser Hal­tung liegt der Schlüs­sel zu einem Leben, das nicht durch äuße­re Umstän­de erschüt­tert wird, son­dern das in der Nähe Got­tes fes­ten Halt fin­det. Eine so leben­di­ge Gemein­schaft mit dem Wort Got­tes ist eine Quel­le der Kraft in Zei­ten, in denen Ver­un­si­che­rung und Zwei­fel weit ver­brei­tet sind, und sie macht den Gläu­bi­gen wirk­lich selig.

Wenn es in der Offen­ba­rung heißt “Und behal­ten, was dar­in geschrie­ben ist”, dann weist die­ser Aus­druck weit über das blo­ße Wahr­neh­men der Wor­te hin­aus. Es geht nicht nur dar­um, die pro­phe­ti­sche Bot­schaft zu hören oder sie im Gedächt­nis fest­zu­hal­ten, son­dern es geht vor allem dar­um, die­se Wor­te eine leben­di­ge Kraft in unse­rem Leben wer­den zu las­sen. Das “Behal­ten” ist ein akti­ver Pro­zess, bei dem das Ver­trau­en auf Gott und sei­ne Zusa­gen auch in schwie­ri­gen Zei­ten nicht wankt. Die­se Ver­an­ke­rung im Her­zen bewahrt uns davor, ange­sichts von Zwei­feln oder Bedräng­nis­sen den Glau­ben zu ver­lie­ren oder uns von der Zuver­sicht zu ent­fer­nen, die Gott uns schenkt.

Das Fest­hal­ten an der Schrift zeigt sich in einem Leben, das geprägt ist von Gehor­sam und Treue. Wer “behal­ten” kann, dem bleibt Got­tes Wort nicht fremd oder theo­re­tisch, son­dern es wird zur Ori­en­tie­rung für jeden Schritt im All­tag. Dies bedeu­tet, dass wir uns nicht nur an schö­ne Erleb­nis­se mit Gott erin­nern, son­dern dass wir sei­ne Gebo­te und Ver­hei­ßun­gen als ver­bind­lich aner­ken­nen und auch dann an ihnen fest­hal­ten, wenn die Umstän­de schwie­rig wer­den. Der Gehor­sam gegen­über dem Wort for­dert uns her­aus, uns in der Nach­fol­ge Jesu klar zu posi­tio­nie­ren und ihm zu ver­trau­en, auch wenn es unbe­quem wird oder wir Wider­stän­de erfah­ren. Es ist ein Mut, der aus einem tie­fen inne­ren Fest­hal­ten an Got­tes Wort gespeist wird und das Leben sta­bil macht.

Der Apos­tel Lukas stellt uns Jesus vor, wie er die Wor­te spricht, dass nicht jeder, der ihn hört, auto­ma­tisch Got­ter­füllt ist, son­dern dass die­je­ni­gen geseg­net sind, die das Wort Got­tes hören und danach han­deln: “Er aber sprach: Selig sind, die das Wort Got­tes hören und bewah­ren” (Lukas 11,28 LUTH 2017).

Auch im Hebrä­er­brief wird die Ermu­ti­gung aus­ge­spro­chen, das Ver­trau­en in Got­tes Ver­hei­ßun­gen nicht zu ver­lie­ren: “Dar­um werft euer Ver­trau­en nicht weg, wel­ches eine gro­ße Beloh­nung hat” (Hebrä­er 10,35 LUTH 2017). So zeigt sich, dass Gehor­sam nicht blin­des Fol­gen oder star­res Fest­hal­ten meint, son­dern ein leben­di­ges Hof­fen und das bewuss­te Ein­las­sen auf Got­tes Füh­rung trotz aller Zwei­fel und Her­aus­for­de­run­gen.

Die Jün­ger, die nach Johan­nes 6,67–69 gefragt wur­den, ob sie ihn ver­las­sen wol­len, ant­wor­te­ten, dass sie kei­nen ande­ren Ort haben, an den sie gehen könn­ten: “Da sprach Jesus zu den Zwöl­fen: Wollt ihr auch weg­ge­hen? Da ant­wor­te­te ihm Simon Petrus: Herr, wohin sol­len wir gehen? Du hast Wor­te des ewi­gen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der Hei­li­ge Got­tes.” (LUTH 2017)

Die­ses Zeug­nis macht deut­lich: Das Leben in der Nach­fol­ge ist eng mit dem Fest­hal­ten am Wort ver­bun­den: Ver­trau­en und Gehor­sam grei­fen dabei inein­an­der.

Am Ende steht die Aus­sicht auf die Wie­der­kunft Jesu, die in der Offen­ba­rung mehr­fach betont wird. Die Wor­te “Denn die Zeit ist nahe” sind mehr als eine zeit­li­che Anga­be. Sie wecken eine Hal­tung der Bereit­schaft und des Wach­seins, die uns befä­higt, im All­tag stand­zu­hal­ten. Die Erwar­tung des Herrn gibt Kraft, auch wenn die Gegen­wart her­aus­for­dernd ist. Die­ses Wis­sen schützt vor Resi­gna­ti­on und stärkt die Aus­dau­er in der Nach­fol­ge. Ver­trau­en auf Gott und der Gehor­sam ihm gegen­über gehö­ren untrenn­bar zusam­men. Ohne Ver­trau­en wird Gehor­sam schwer und tro­cken, ohne Gehor­sam bleibt Ver­trau­en oft eine blo­ße Hoff­nung ohne Wir­kung. Bei­de sind wie zwei Sei­ten einer Medail­le, die das Wesen des Christ­seins sicht­bar machen und zur Rei­fe füh­ren.

In unse­rem All­tag bedeu­tet dies, dass wir uns immer wie­der bewusst machen müs­sen, wie wich­tig es ist, Got­tes Wort nicht nur zu hören, son­dern es in unser Herz auf­zu­neh­men und dann mutig in der Pra­xis zu leben. Sel­ten ist dies ein leich­ter Weg, denn schnell wer­den Hin­der­nis­se sicht­bar, Zwei­fel mel­den sich, oder wir spü­ren den Druck der Gesell­schaft, in der die Wer­te Got­tes oft ent­ge­gen­ste­hen. Gera­de dann zeigt sich die Kraft des “Behal­tens”, das heißt, das Wort Got­tes als das Fun­da­ment zu erken­nen, auf dem unser Leben steht und das uns trotz aller Stür­me trägt. Es ist ein täg­li­cher Pro­zess des Ler­nens und Wach­sens, der uns befä­higt, unser Ver­trau­en in Gott wirk­lich fest zu ver­an­kern und unse­rem Glau­ben prak­ti­schen Aus­druck zu ver­lei­hen. So berei­tet uns die Offen­ba­rung auch heu­te dar­auf vor, in einer kom­ple­xen Welt geist­lich zu bestehen, fest­zu­hal­ten und wach zu sein, bis der Herr kommt.

Bern­hard Beck
Redak­ti­on „Chris­tus­wort“

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